An dem ersten Wochenende nach den Sommerferien in NRW veranstalten wir regelmäßig das beliebte Bushcamp für Familiengruppenleiter*innen aus dem Landesverband NRW.
Im Raum Sprockhövel, noch in gut erreichbarer Nähe zu einem Bauernhof, jedoch trotzdem noch genügend abgeschieden und mitten im Wald, liegt das Buchencamp der „Wildgänse“, einer DAV-Gruppe der Sektion Mülheim an der Ruhr. Hier werden sektionsübergreifend Outdoor-Kurse für DAV-Mitglieder angeboten.
Die Bandbreite geht von diversen Survivalkursen über Kochkurse mit Hobokochern und Dutch-Oven bis zu Yogakursen. In 2024 haben wegen notwendig gewordener Bauarbeiten leider keine weiteren Kurse stattfinden können. Das Camp samt „Mobiliar“ war einfach für die vielen Gäste zu klein geworden.
Im Camp ist Roland der Chef, aber in der Feldküche hat nur Thorsten das Sagen. Ansonsten lebt nur noch eine friedliche Igelfamilie im Camp, die für uns als Kammerjäger arbeitet.
Für die Fortbildungen der FGL wird jedes Mal ein Survival-Experte oder Wildnis-Pädagoge mit verschiedenen Schwerpunkten engagiert. Dieses Mal standen Reptilien im Fokus.
Damit sich die FGL und ihre Kinder auf das Outdoor-Programm konzentrieren können, sind sie vom Nahrungsmitteleinkauf und vom Essenmachen befreit und werden komplett für das ganze Wochenende durch ein eingespieltes Küchenteam versorgt.
In der Regel wird das FGL-Bushcamp mit einem Jahr Vorlaufszeit geplant.
Aber beginnen wir doch von Anfang an…
Mit den wildesten Erwartungen hatten sich 16 kleine und große Teilnehmer*innen auf das diesjährige Bushcamp mental eingestellt.
Ohne gewohnte Toilette, Wasser, Strom, Licht und WLAN heißt es, ein Wochenende zu überleben. Wurzeln ausgraben und Beeren oder Käfer essen? Sie dachten, sie wären auf alles vorbereitet, aber es sollte ganz anders kommen…
Die erste Hürde waren die üblichen Staus zum Wochenende, die zweite Hürde war Editas Erkrankung, die es leider ihr und ihren Kindern unmöglich machte, teilzunehmen. In Absprache übernahm Roland kurzfristig die Gesamtleitung des Wochenendes.
Die Teilnehmer*innen erschienen dann nach und nach im Camp und bekamen als erstes die Örtlichkeiten, die Regeln und ganz besonders die richtige Benutzung der sehr rustikalen Toilette erklärt.
Die Wettervorhersage für den Abend ließ leider nichts Gutes erwarten, deswegen mussten alle Teilnehmer*innen zügig ihre Zelte aufbauen. Da kräftige Böen angesagt waren, konnte der große „Salon“ nicht belegt werden und alle Zelte mussten auf dem baumfreien, aber kleineren „Hexentanzplatz“ aufgestellt werden.
Endlich hatten wir auch Zeit für die offizielle Begrüßung der Teilnehmer*innen und der Leitung. Der Ablauf der nächsten Tage wurde dabei vorgestellt. Danach begann ein reger Erfahrungsaustausch von FGL aus den verschiedenen Sektionen, die sich hier teilweise zum ersten Mal sahen.
Bei anbrechender Dunkelheit knurrten dann die ersten Mägen und die Gulaschkanone wurde angefeuert. Als Beilage gab es ebenfalls Würstchen für unsere Vegetarier.
In der zunehmenden Dunkelheit verspeisten wir das leckere Abendmahl und leerten den Topf bis auf den letzten Tropfen. Ob sich da der Eine oder Andere da wohl mehrfach angestellt hat? Egal, wir freuen uns wenn es allen schmeckt.
Danach wurde es erst einmal wieder ernst, denn wir lernten bei einem spannenden Vortrag die „Gefahren im deutschen Wald“ kennen. Die Gefahren durch „kräftigen Niederschlag“ sollten wir in der kommenden Nacht leider noch praktisch erfahren.
Nach dem wie immer ungeliebten Abwasch, wurde das Lagerfeuer durch die Kids fachgerecht aufgeschichtet und entzündet. Natürlich blieb uns vor dem Zubettgehen noch ein wenig Zeit für etwas Lagerfeuerromantik mit wilden Geschichten, aber der Blick auf das elektronische Regenradar für diese Nacht ließ alle Eltern die Zelte regenfest machen, gut verschließen und sich mit ihren Kinder in den Schlafsäcken einzumummeln.
Tatsächlich ist in der Nacht dann über dem Camp eine Menge Regen niedergegangen, es hat aber zu keiner Katastrophe geführt. Der lockere Waldboden ist sehr aufnahmefähig und nur über eine einzelne, herausragende Bodenfolie ist etwas Regen unter ein Zelt gelaufen.
Der nächste Morgen fing schon sehr gut an -nämlich mit Sonnenschein.
Das Küchenteam kochte schon für alle Kaffee und machte Rührei mit Bacon während das Camp noch am Erwachen war. Katzenwäsche in der Morgensonne weckt die Lebensgeister!
Das Frühstück wurde von allen heißhungrig verschlungen.
Inzwischen erschienen auch unser Wildnispädagoge Gregor mit seiner Assistentin (Tochter) Mia im Camp. Es wurde noch ganz kurz der Zeitplan besprochen, dann übergab Roli die Gruppe in Gregors Obhut.
Schon während der Kennenlernrunde begann ein lustiges Treiben und es schallte fröhliches Lachen durch den ganzen Wald. Ruhig wurde es erst wieder bei der Reptilienkunde und als die Schlange Anna (Conda) geholt wurde. Behutsam lernten die Teilnehmer*innen das Tier und seine Lebensgewohnheiten kennen. Ausgewachsene Ringelnattern sind 80 bis 120 Zentimeter lang, einzelne Exemplare können sogar noch größer werden. Ringelnattern sind für den Menschen vollkommen ungefährlich und pflegen auch untereinander einen friedfertigen Umgang. Unsere Anna lebte wegen einem Rasenmäher-Unfall in einem Aufzuchtcamp, war schon wieder genesen und so hatte Gregor noch Zugriff darauf.
Mittlerweile war es schon wieder die Mittagszeit geworden und Thorsten und Roli hatten bereits das fertige Essen auf der Anrichte. Mit Nudeln, Tomatensoße und Salat ging es in die Mittagspause, während Gregor die Schlange wieder in ihre gewohnte Umgebung brachte. Auch hier ließen die hungrigen Mäuler nicht eine Nudel über.
Inzwischen hatte sich die Wettervorhersage leider so stark verschlechtert, dass Roli in Erwägung zog, die Veranstaltung vorzeitig abzubrechen. Sturm und Gewitter waren für die Nacht angesagt, konnten aber noch vorbeiziehen. Um 16 Uhr sollte die finale Entscheidung getroffen werden. Gregor baute währenddessen mehrere Stationen auf, an denen die Kinder Messerwerfen – sowie Bogen- und Armbrustschießen lernen konnten.
Um 16 Uhr gab Roli dann bei strahlendem Sonnenschein den leider sehr unpopulären Befehl zum Lagerabbau. Die Wettervorhersage durfte nicht ignoriert werden. Während die Kinder an den Stationen weiter ihre Künste übten, wurden von den Erwachsenen alle Zelte abgebaut und sämtliche Ausrüstung wieder in den Autos verstaut. Nur die Feldküche blieb noch stehen. Das Küchenteam wollte noch ein leckeres Chili sin Carne zum Abendessen kochen. Während die Gulaschkanone wieder bollerte, übte Gregor nun wieder mit allen – einen verbesserten Feueraufbau mit verschiedenen Zunderarten und dessen sicherer Entzündung.
Wir ließen uns noch einmal das Festmahl schmecken, spülten danach gemeinsam und packten auch die Feldküche zusammen und brachten den Rest zu den Autos.
Für 21 Uhr hatten wir die DAV-übliche Reflektionsrunde geplant, aber es kam wieder ganz anders.
Wir hatten gerade unsere Plätze eingenommen, da ging ein mächtiges Rauschen durch den Wald und kündigte Böen an. Noch bevor Sturm aufkam, hatten wir, perfekt vorbereitet, den Wald verlassen und trafen uns an den Autos wieder. Die Entscheidung für den Abbruch war goldrichtig gewesen und alle sahen das jetzt ein.
Die Reflektionsrunde wurde dann recht zügig im Stehen durchgeführt, denn der erwartete Regen setzte leider nun auch verfrüht ein. Alle kleinen und großen Teilnehmer*innen gaben jedoch ein positives Feedback und hätten unter anderen Umständen noch gerne die Nacht mit uns im Camp verbracht.
Thorsten und Roli – das Team aus dem Camp – freuen sich schon auf das nächste FGL-Bushcamp in 2025 mit wieder so tollen Teilnehmer*innen.
Roland Schulz
Familiengruppenleiter